Wenn die Natur gewollt hätte, dass wir in der Schwangerschaft alles über das Kind erfahren, was wir erfahren könnten, dann hätte sie den Bauch aus Glas gemacht
Medizinischer Fortschritt und weitere diagnostische Möglichkeiten scheinen in erster Linie etwas positives zu sein. Krankheiten zu erkennen, ggf. sogar Risikofaktoren zu erkunden scheinen angemessene Gründe für die Anwendung bestimmter diagnostischer Methoden.
Gilt dies auch für die Schwangerschaft und für die in der Geburtshilfe vorhandenen diagnostischen Methoden? Oder ist die Schwangerschaft etwas, was nicht ohne Grund eigentlich bis zum Sichtbarwerden des Bauches im Verborgenen bleibt? Besonders in der Pränataldiagnostik scheint es an Beratung, Kommunikation und Informationsweitergabe oft zu haken. Warum Pränataldiagnostik nicht als Routineverfahren angewendet sollte und welchen Herausforderungen Eltern bei auffälligen Befunden gegenüber stehen, wird oft erst im Nachhinein deutlich.
Gilt dies auch für die Schwangerschaft und für die in der Geburtshilfe vorhandenen diagnostischen Methoden? Oder ist die Schwangerschaft etwas, was nicht ohne Grund eigentlich bis zum Sichtbarwerden des Bauches im Verborgenen bleibt? Besonders in der Pränataldiagnostik scheint es an Beratung, Kommunikation und Informationsweitergabe oft zu haken. Warum Pränataldiagnostik nicht als Routineverfahren angewendet sollte und welchen Herausforderungen Eltern bei auffälligen Befunden gegenüber stehen, wird oft erst im Nachhinein deutlich.

Schwangerschaft wird in erster Linie mit positiven Gefühlen in Verbindung gebracht. Sie ist ein natürlicher Prozess im Leben einer Frau und läuft in den meisten Fällen völlig normal und unauffällig ab. Frau und Kind sind am Ende gesund. Trotzdem erfahren wir in der Schwangerschaft eine Betreuung von ärztlicher Seite, wie in keinem anderen physiologischen Lebensabschnitt. Warum?
Wahrscheinlich um Kontrolle über etwas erlangen, was nicht unbedingt unserer Kontrolle unterliegt. Die Entwicklung von Krankheit, Schädigung zu erkenne, zu behandeln und ggf. zu verhindern. Die Frage ist, ob dies wirklich möglich ist. Besonders in der Pränataldiagnostik rund um Chromosomale Erkrankungen, kann eine Erkrankung nicht verhindert werden und durch die Diagnose keine Therapie veranlasst werden. Keine dieser Erkrankungen kann geheilt werden. Sie gibt uns lediglich Informationen darüber, was uns eventuell erwartet und damit eine vermeintliche Entscheidungsfreiheit.
Am Anfang der Schwangerschaft werden die meisten Frauen mit der Frage nach Pränataldiagnostik konfrontiert. Eine ausführliche Information über die vorhanden Methoden, was sie können und was sie nicht können und welche Auswirkungen Pränataldiagnostik auf die Schwangerschaft, die Partnerschaft und ggf. das Leben haben kann, wird dabei meist nur rudimentär besprochen.
Bevor von den Eltern die Entscheidung für oder gegen PND gefällt wird, haben Eltern immer die Möglichkeit sich in einer Schwangerschaftsberatungsstelle beraten zu lassen und weitere Informationen zu sammeln. Wenn die Entscheidung für PND gefallen ist, sollten Elter vor der Durchführung der PND von der verantwortlichen ärztlichen Person über die Methode, die Risiken der Methode und der Aussagekraft der Methode unter Berücksichtigung der individuellen Begleitumstände und Anamnese (Krankengeschichte) informiert werden. Es sollte auch hier eine Bedenkzeit für die Eltern berücksichtigt werden.
Sind diese Fragen so beantwortet, dass die Frau oder das Paar sich für eine PND entscheidet, gibt es folgende Methoden:
Nicht invasive Verfahren
Greifen nicht in den Körper der Frau ein.
Ersttrimester-Screening (ETS)
Das ETS kann zwischen der 11. Und 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Anhand verschiedener Parameter (Alter der Mutter, Blutdruck der Mutter, Blutparameter) wird hier einerseits die Wahrscheinlichkeit für Chromosomenveränderungen (Trisomie 13,18 und 21) berechnet, sowie das Risiko der Mutter an einer Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) in der Schwangerschaft zu erkranken
Nicht investiver Pränataltest (NIPT)
Im Gegensatz zum ETS besteht der NIPT nur aus einer Blutentnahme. Aus der Blutprobe der Frau werden Bestandteile des Erbguts herausgefiltert, die sich der Schwangerschaft zuordnen lassen und untersucht werden. Daraus lässt sich Wahrscheinlichkeit für Chromosomenabweichungen (Trisomie 13, 18 und 21) berechnen. Er kann ab der 10. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
Doppler-Ultraschall und Organscreening
Diese Untersuchung kann zwischen der 20.-22. SSW stattfinden. Bei dem Doppler-Ultraschall wird der Blutfluss in den Blutgefäßen der Gebärmutter und in bestimmten Gefäßen des Kindes untersucht. Das gibt Aufschluss darüber, wie gut das Kind mit Blut ersorgt ist und inwiefern es ein Risiko für eine Unterversorgung gibt. Es wird ein Organultraschall vom Kind gemacht, um daraufhin die entsprechenden Organe auf Ihre Versorgung und Entwicklung zu untersuchen. Desweiteren kann das Organscreening bei einem auffälligem Chromosomalen Befund Aufschluss über den Grad bzw. die Schwere der Erkrankung geben.
Wie könnten Ergebnisse aussehen?
Besonders im Bereich der Gendiagnostik, also der Untersuchung auf Chromosomale Störungen, wird der Test nur eine Wahrscheinlichkeit berechnen. Wie hoch ist das Risiko unter Berücksichtigung aller aufgenommenen Daten / Parameter das mein Kind eine Trisomie hat? Das bedeutet es gibt kein 100% Ja oder nein. Die Wahrscheinlichkeit kann hoch oder niedrig sein. Eine geringe Wahrscheinlichkeit schließt eine Trisomie nicht aus und eine hohe Wahrscheinlichkeit schließt ein gesundes Kind nicht aus. Besonders bei positiven Wahrscheinlichkeiten gibt es oft „falsch positive“ Ergebnisse. Von getesteten 10 000Frauen haben beim ETS 516 Frauen ein hohes Risiko. Davon sind 499 falsch positiv und haben gesunde Kinder. Das heißt bei getesteten 10 000 Frauen haben 3-5% falsche Verdachtsbefunde und 96,7% der Frauen mit hohem Risiko haben einen falsch positiven Test.
Frauen, die ich in der Schwangerschaft betreut habe, die ohne vorherige Beratung Pränataldiagnostik haben durchführen lassen und mit (falsch)positiven Befunden konfrontiert waren, berichteten über eine Zeit von Resignation gegenüber der Schwangerschaft und unterbrochener Bindung zu Ihrem Kind. Die Reaktionen auf schlechte Nachrichten können sehr unterschiedlich sein. Viele empfinden ein Ohnmachtsgefühl und eine starke Belastung im Alltag, bis endgültige Ergebnisse klare Aussagen liefern.
Invasive Verfahren
Invasive Verfahren sind Verfahren der Pränataldiagnostik die in den Körper der Mutter eingreifen und bestimmte Risiken für das Kind darstellen. Dafür aber eine hohe Aussagekraft in Ihren Ergebnissen haben, da direkt auf das Erbgut des Kindes zugegriffen wird. Sie sind nicht das erste Mittel der Wahl, sondern werden als weiter Diagnosemöglichkeit empfohlen, bei vorherigen auffälligen Befunden in im ETS oder NIPT.
Bei allen Untersuchungen wird mittels einer dünnen Hohlnadel durch die Bauchdecke der Frau entweder Material aus dem Mutterkuchen (Plazentapunktion ab der 12. Schwangerschaftswoche), des Fruchtwassers (Fruchtwasseruntersuchung ab der 16. Schwangerschaftswoche) oder der Nabelschnur (Nabelschnurpunktion ab der 18. Schwangerschaftswoche) entnommen wird. Alle Untersuchungen können folgende Nebenwirkungen / Risiken haben:
- kann zehenauslösend sein
- vorzeitiger Blasensprung
- 0,5 – 1% hohes Risiko einer Fehlgeburt
- Wartezeit bis zum endgültigen Ergebnis etwa 14 Tage
- geringe Verletzungsmöglichkeit des ungeborenen Kindes
Wissend, dass 96,7% der Frauen mit einem positiven Ersttrimester Screening ein falsch positives Ergebnis haben und die Kinder eigentlich völlig gesund sind, gehen wir mit der Durchführung dieser Methoden das Risiko ein, einer gesunden Schwangerschaft zu schaden.
Bei einem positiven Ergebnis nach invasiver PND, hat man lediglich die einsame Wahl über die Fortführung oder den Abbruch der Schwangerschaft zu entscheiden. Eine Therapie der Chromosomalen Erkrankungen gibt es nicht. Ein Schwangerschaftsabbruch (sollte er noch so indiziert sein) hat aller Wahrscheinlichkeit nach, einen negativen emotionalen Einfluss auf die meisten Frauen und Paare.
Ebenso wird die Entscheidung für das Leben mit einem beeinträchtigten Kind, Konsequenzen für das Leben der Frauen oder Paare haben. Eltern könnten sich in der „Erklärnot“ sehen, warum sie ein beeinträchtigtes Kind behalten haben, wo es doch PND gibt um so etwas zu „verhindern“.
In jedem Fall ist das Durchleben einer sonst normalen Schwangerschaft sowie der Aufbau einer fördernden Mutter-Kind-Bindung gestört, welche von enormer Wichtigkeit für die emotionale Gesundheit von Mutter und (beeinträchtigtem) Kind sind. Eine Situation in der sich werdende Eltern, besonders mit einem Wunschkind, nie sehen wollten, und die sehr belastend sein kann.
Was hilft bei auffälligem Befund?
Sollten Eltern ein positives Ergebnis mitgeteilt bekommen, sollte dies in einem ausführlichen Gespräch mit der verantwortlichen ärztlichen Person geschehen. Die Testergebnisse und Ihre Aussagen sollten besprochen werden, was dies für das Kind bedeutet und weitere Maßnahmen bzw. weiteres Vorgehen sollte erörtert werden mit entsprechender Risikoaufklärung. Den Eltern sollte eine angemessene Bedenkzeit gegeben werden.
Für Eltern in dieser Situation, kann dies als sehr überwältigend empfunden werden. Um den Überblick in diesem Moment zu behalten hat sich ein Vorgehen für Eltern bewährt, welches in einem Gespräch angewendet, die wichtigsten Parameter zusammenfassen lässt. Die Eltern können folgende Fragen stellen:
VRANNI
- V = Vorteile? Was sind die Vorteile der Methode?
- R = Risiken? Was sind die Risiken der Methode?
- A = Alternativen? Gibt es Alternativen?
- N = Noch warten? Kann man mit der Entscheidung noch warten?
- N = Nichts tun? Was passiert, wenn wir nichts machen?
- I = Intuition? Was sagt das eigene Bauchgefühl dazu?
Diese Fragen an den Arzt, die Ärztin können helfen, um mehr Klarheit zu bekommen und damit zu einer Entscheidung zu finden.
Jede schwangere Frau hat Anspruch auf kostenlose Beratung. Bevor Entscheidungen getroffen werden, ist es empfehlenswert sich auch anonym, an lokale Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zu wenden. Diese stehend neutral beratend zur Seite und geben Informationen. Auch, wenn die Entscheidung schon gefallen ist, so kann das Besprechen der Situation bestärkend sein.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei der Entscheidung für oder gegen die Pränataldiagnostik, Klarheit über das Können und Nichtkönnen der Pränataldiagnostik besteht. Sie kann keine 100%igen Aussagen geben, sondern es werden Wahrscheinlichkeiten berechnet. Dadurch kann sie keine Ängste nehmen, da selbst bei einem unauffälligen Befund, ein betroffenes Kind geboren werden kann.
Bei der Entscheidung für oder gegen eine PND, können Eltern folgende Überlegungen anstellen:
- Was werde ich über mein Kind / die Schwangerschaft erfahren?
- Welche Gründe gibt es die für und welche die gegen die Untersuchung sprechen?
- Wie lange dauert es bis das Ergebnis da ist?
- Wie sicher ist das Ergebnis der Untersuchung?
- Was mache ich, wenn der Befund auffällig ist?
- Würde ich dann weitere Untersuchungen in Anspruch nehmen?
- Was ist, wenn sich die Auffälligkeit bestätigt?
- Wie gehen wir als Paar bzw. Familie damit um?
(Entnommen aus der Broschüre Beratung, Methoden und Hilfen – Pränataldiagnostik der BZgA)
Die PND kann mir aber helfen mich z.B. für einen Geburtsort zu entscheiden und ggf. bei einem auffälligen Befund gewisse Vorbereitungen treffen lassen, die vlt. Überwältigend wären in Zeiten des Wochenbettes, wenn ich vorher keine Ahnung gehabt hätte. Die Entscheidung, die am Ende bei einem positiven Endergebnis getroffen und mit all seinen Konsequenzen getragen werden muss ist, ob die Schwangerschaft fortbestehen darf oder nicht.
Anlaufstellen
Allgemeine Informationen zur Pränataldiagnostik – BZgA