Wunde Brustwarzen beim Stillen: Was tun? – Sinnvolle Behandlungsmöglichkeiten

Feb. 10, 2025

Meist zu Beginn der Stillzeit klagen viele Frauen über gereizte, schmerzhafte, wunde oder gar blutige Brustwarzen. Durch das viele Stillen besonders in den ersten Lebenstagen werden die Brustwarzen einer Belastung ausgesetzt, die sie so wahrscheinlich noch nie erfahren haben. Der eigentlich angenehme Vorgang des Stillens wird mit zunehmenden Symptomen zur Qual und führt nicht selten zu einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Stillen.

Wunde Brustwarzen sind laut einer Studie von Kohlhuber et al die 2. häufigste Ursache warum Frauen abstillen und sie sind die „häufigste Komplikation beim Stillen“ (Thompson et al, 2016).

Stillen will gelernt sein

Die ersten Tage im Krankenhaus sind meist geprägt vom vielen Stillen. Das wichtigste für Frauen ist die ausreichende Versorgung des Kindes mit Nahrung – meist Muttermilch. Häufiges Anlegen zur Förderung der Milchproduktion und zur Verbesserung der Gewichtszunahme des Kindes, ist besonders in dieser Zeit wichtig. 

Stillen ist die erste gemeinsame Interaktion in der Symbiose Mutter-Kind. Warum Stillen in den ersten Tagen besonderer Aufmerksamkeit bedarf liest kannst du im folgenden Artikel nachlesen.

Manchmal klappt das Stillen ohne Probleme, manchmal bedarf es ein wenig Anleitung und Hilfe. Dies ist oft mit ein Grund warum Frauen nach der Geburt noch eine gewisse Zeit im Krankenhaus einplanen. 

Die Realität im Krankenhaus und auf der Wochenstation sieht oft anders aus. Personalmangel, ein ungünstiger Betreuungsschlüssel, wenig Ruhe hinterlassen auch hier ihre Spuren. Nicht selten werden Frauen entlassen und haben wenig Hilfe beim Stillen erfahren, sodass sich oft schon die ersten Stillprobleme, meist in Form von wunden Brustwarzen, ankündigen. 

Was kannst du nun dagegen tun. Was hilft?

Ursachenforschung – darum wird die Brustwarze beim Stillen wund

Bevor wir uns den eigentlichen Maßnahmen widmen (weiter unten) sollten wir einen kurzen Blick auf die möglichen Ursachen werfen. Denn am Ende geht es bei einer effektiven Behandlung nicht nur um Symptomlinderung, sondern darum die Ursache zu beheben.

Was passiert: Die Brustwarze reibt beim Saugen im Mund an einer harten Stelle, wird wund. Bei weiterer Benutzung, ohne die Ursache zu lösen, können kleine Risse / Wunden entstehen. Dies verursachen bei weiterer Benutzung Schmerzen.

Hier eine Liste von möglichen Ursachen:

Ursachen für wunde Brustwarzen beim Stillen

Schlechte Anlegetechnik
Sehr volle und prall Brüste
Zu kurzes Zungen- und / oder Lippenbändchen
Ungünstige Kiefer- und Gaumengegebenheiten des Kindes
Muskuläre Verspannungen beim Kind nach der Geburt

Dabei sind die ersten 3 Punkte die wohl häufigsten Ursachen, aus meiner Erfahrung. 

Falsche Anlegetechnik

Während des Stillens muss das Kind in der Lage sein die Brustwarze soweit in den Mund zu Saugen, dass die Brustwarze am weichen und nicht am harten Gaumen reibt. Kommt die Brustwarze am weichen Gaumen an, wird sie nicht wund.

Fahre mit deiner eigenen Zunge einmal oben an deinem Gaumen entlang nach hinten, bis du fast vor dem Zäpfchen ankommst. Dort endet der Knochen und der Gaumen wird weich. Dorthin muss bei deinem Kind die Brustwarze gelangen.

Damit das gut gelingen kann, musst du dein Kind in die optimale Stillposition bringen. Mehr dazu später.

Sehr volle / pralle Brüste

Wenn der richtige Milcheinschuss mit Brustdrüsenschwellung kommt (meist am 3. Oder 4. Tag nach der Geburt) dann kann es sein, dass das Kind die Brustwarze einfach nicht gut packen kann. Dann saugt es an der Spitze der Brustwarze und diese reibt am harten Gaumen. Die Brustwarze kann wund werden.

Zu kurzes Zungen- und / oder Lippenbändchen

Damit die Brustwarze in den optimalen Mundraum gesaugt werden kann, ist nicht nur von der Anlegetechnik, sondern auch von der Zungen- und Lippenbeweglichkeit deines Kindes abhängig.

Zunge und Lippen deines Kindes sorgen dafür, das beim Stillen ein gutes, dichtes Vakuum aufgebaut werden kann. Das ist notwendig, damit die Brustwarze einmal angekommen, an Ort und Stelle bleibt und nicht immer wieder vorrutscht und an den harten Gaumen kommt und dort reibt.

Ungünstige Kiefer- / Gaumengegebenheiten des Kindes

Wenn Gaumen und Kiefer nicht optimal funktionieren können, z.B. durch ungünstige Form oder „Fehlstellungen“, dann kann im ungünstigsten Fall, das Vakuum nicht gut aufgebaut werden oder die Kraft entfaltet werden, die zum Saugen und damit optimalen Positionierung der Brustwarze im Mundraum, notwendig sind.

Muskuläre Verspannungen beim Kind z.B. nach bzw. durch die Geburt

Der Körper besteht aus mehreren zusammenhängenden Systemen. Zum Beispiel dem Muskel- und Skelettsystem. System heißt, dass alles irgendwie zusammenarbeitet und einzelne Bereiche nicht separat voneinander betrachtet werden können. Im übertragenen Sinn heißt dass, dass bei Schulter-Nacken-Beschwerden durchaus eine Fußbehandlung sinnvoll sein kann, denn eine Fußfehlstellung kann einen Einfluss auf deine komplette Haltung, deine Bewegungsabläufe haben und sich dann eventuell durch Beschwerden im Schulter. Nacken-Bereich äußern. 

So kann es auch bei den Kindern sein. Haben Kinder zum Beispiel eine Verspannung und dadurch einen eigeschränkten Bewegungsradius, kann es ihnen schwerer fallen bestimmte Bewegungen (Bewegungsmuster) optimal auszuführen. Wie zum Beispiel das Saugen an der Brust. Ist dies eingeschränkt, kann dies im ungünstigsten Fall zu einem schlecht aufgebauten Vakuum und einer verminderten Zungenbeweglichkeit führen. Folge: Wunde Brustwarzen

Welche Maßnahmen und Behandlungen helfen bei wunden Brustwarzen, was ist Sinnvoll?

OK. Let’s get to the point. Was hilft denn nun richtig gut.

Lass uns einfach Punkt für Punkt die Ursachen abarbeiten:

Anlegetechnik optimieren

Als generellen Tipp kann ich dir geben, dass es sinnvoll ist das Kind mal in einer anderen Ausgangsposition anzulegen. Also solltest du vorher im sogenannten Wiegegriff gestillt haben, probiere es doch mal mit dem Unterarmgriff. Als das Kind einfach „von hinten“ wie einen Ball gehalten anzulegen. Durch diesen Wechsel gibst du der sonst so gebeutelten wunden oder sogar rissigen Stelle an der Brustwarze mal eine kleine Pause. Eine andere Stillposition einzunehmen bedeutet für die gereizte Stelle ein kurze Pause. Dadurch hat die etwas mehr Zeit sich zwischen den Mahlzeiten zu erholen.

Achte beim Anlegen des Kindes auf folgende Punkte:

Das Kind sollte in einer Linie liegen. Das heißt: Das Ohr, die Schulter, die Hüfte / Becken sollten in einer Linie sein. Das Kind schaut geradeaus. Ist zum Beispiel das Ohr nicht in einer Linie mit dem Rest des Körpers, dann schaut das Kind entweder leicht nach rechts oder links. 

Versuch doch mal selber mit einem nach rechts oder links gedrehten Kopf ein Glas Wasser auszutrinken. Das fühlt sich nicht so gut an, wie als wenn du nach vorne schaust.

Achte beim Anlegen darauf, dass du das Kind nicht mit deinem Oberarm oder deiner Hand zu sehr in die Brust hineindrückst. Du bringst dein Kind dadurch in eine gebeugte Haltung  im Nacken. 

Versuche auch hier einmal ein Glas Wasser auszutrinken, während du nach unten schaust… Das Kind sollte eher in eine neutrale oder leicht gestreckte Position beim Trinken gebracht werden. Denn auch wir kippen unseren Kopf beim Trinken eher nach hinten. Macht Sinn oder?

Dies kannst du zum Beispiel erreichen, indem du das Kind nicht in diese klassische Wiegegriff-Position bringst, sondern in dem du das Kind in den anderen Arm legst. Also möchtest du dein Kind an die linke Brust anlegen im Wiegegriff, dann nimm es in den rechten Arm. Sodass deine rechte Hand im Schulter-Nackenbereich deines Kindes liegt. Der Kopf bleibt dabei frei. Nun kann das Kind beim Trinken den Kopf nach hinten neigen.

 Bringe dein Kind beim Anlegen ganz nah an deine Brustwarze. Die Brustwarze liegt dabei an der Oberlippe deines Kindes. Sobald dein Kind nun den Mund öffnet und den Kopf etwas zurück neigt, fällt die Brustwarze ganz automatisch in die richtige Position im Mund – auf die Zunge.

>> Alles beste Voraussetzungen um die Brustwarze an die optimale Stelle im Mund zu bringen!

Hier findest du nochmal eine konkrete Anleitung über richtiges Anlegen beim Stillen: Richtiges Anlegen beim Stillen – Anlegetechnik optimieren

Sehr pralle Brüste

Hier würde ich dir empfehlen die Brust vor dem Stillen ein wenig zu erwärmen. Dadurch kann sie etwas weicher werden. Die Milchgänge werden etwas weiter und die Milch kann leichter abfließen. Auch hier ist es hilfreich die wie oben beschriebene Anlegetechnik zu verwenden. 

Zusätzlich kannst du versuchen dein Kind häufiger anzulegen. Durch das häufigere Anlegen wird die Brust nicht ganz so voll und damit nicht ganz so prall. Gegebenenfalls trinkt dann dein Kind etwas kürzer an der Brust. 

Versuch vielleicht auch kurz vor dem Anlegen deine Brustwarze zu stimulieren, sodass sie sich vorher schon aufstellt und dadurch für das Kind besser zu greifen ist und der Saugreflex besser ausgelöst werden kann.

Sollte all das nicht helfen, dann kann manchmal nur für den Notfall (also wenn du praktisch kurz vor der Flasche stehst) ein Stillhütchen helfen. Das Stillhütchen ahmt die schon langgezogene Brustwarze nach und löst dadurch einfacher den Saugreflex aus. Das erleichtert das Saugen.

Kurzes Zungen- oder Lippenband

Ein zu kurzes Zungenband erkennst du unter anderem an den folgenden Punkten:

Das Kind kommt mit der Zunge nicht über die Unterlippe hinaus

Die Zunge geht beim Schreien nicht komplett nach oben an den Gaumen, sondern verweilt in der Mitte des Mundraumes

Beim Weinen sieht man ein „flügeln“ des Zungenrandes. Der Zungenrand versucht also weiter nach oben zu kommen

Gegebenenfalls herzförmige Zungenspitze

Ein ungleichmäßiger Milchbelag auf der Zunge nach dem Stillen

Häufiger Vakuumverlust beim Anlegen

Schnalzen beim Stillen

Eine Bläschenbildung (Stillblase) auf der Oberlippe kann ein Zeichen für Reibung und damit ein mangelndes Vakuum beim Stillen sein.

Die Beurteilung eines Zungenbandes sollte durch eine Fachperson erfolgen. Meist ist das erst die Hebamme und dann der Kinderarzt. Eine Überweisung an eine auf Zungen- und Lippenband spezialisierte Fachperson sollte daraufhin erfolgen um zu beurteilen, ob die Durchtrennung des Zungenbandes hilfreich sein könnte.

Ungünstige Kiefergegebenheiten oder Muskuläre Verspannungen

Bei Verformungen des Kiefers oder Muskulären Verspannungen kannst du selbst nicht viel bewirken und es könnte hilfreich sein sich Hilfe durch beispielsweise Osteopathie zu suchen. 

Ungünstige Kiefergegebenheiten können aber auch ein Pilz im Mundbereich sein. Das ist nicht selten und du kannst dir schnell und deinem Kind schnell Linderung verschaffen. Es gibt verschiedene Cremes und Gele auf dem Markt. Frage hierzu am besten deine Hebamme oder deinen Kinderarzt. Ein Pilz kann sich für dein Kind „komisch“ anfühlen, sodass das Saugen eingeschränkt wird.

Dein Leitfaden bei wunden Brustwarzen

Stillen will manchmal gelernt sein. 

Berücksichtige bei der Plaung der Geburt deines Kindes auch das Wochenbett. Besonders das frühe Wochenbett ist eine sehr sensible und emotionale Zeit, die geprägt von Müdigkeit und Sorgen sein kann. Oft denken wir bei der Planung nur bis zur Geburt und hoffen dann auf das Beste. Manchmal reicht das allerdings nicht aus um einen guten Stillstart zu haben.

Vorbereitung kann manchmal Wunder bewirken.

  • Suche dir einen Stillvorbereitungskurs bei einer Stillberaterin oder einer Hebamme. Diese können dir schon vorab hilfreiche Tipps zum Stillen geben.
  • Stillfreundliches Krankenhaus. Nimm nicht unbedingt die einfachste Option. Schau nach ob das Krankenhaus deiner Wahl babyfreundlich akkreditiert ist. Babyfreundlich ist eine Initiative von Unicef. Das Ziel dieser Initiative ist die Förderung des Stillens. Voraussetzungen für diese Auszeichnung ist ein guter Personalschlüssel und ausgebildetes Fachpersonal zum Thema stillen. 
  • Ambulante Geburt. Alternativ kannst du eine ambulante Geburt planen. Voraussetzungen hier sind eine komplikationslose Geburt. Das klingt für viele Erstgebärende Frauen oft nach einer Herausforderung, da sie sich viel Hilfe und Unterstützung auf der Wochenstation erhoffen. Oft ist die Unterstützung durch die Hebamme zu Hause (auch wenn sie nicht ununterbrochen da ist) viel besser. Hebammen sind Fachpersonen auf dem Bereich Stillen. Im Krankenhaus sind auf der Wochenstation oft Krankenschwestern. Sollten diese keine Fortbildungen im Bereich Stillen gemacht haben, sind diese keine gelernten Fachpersonen auf dem Gebiet Stillen.
  • Habe eine Brustwarzenpflege zur Hand. Es gibt viele Hilfsmittel für wunde Brustwarzen. Jede Frau hat andere Erfahrungen und Empfehlungen. Evidenzien zu den einzelnen Mitteln gibt es kaum. Daher musst du deine eigenen Erfahrungen sammeln. Als Start reicht meist 100%iges Lanolin.
  • Gehe auf Ursachenforschung
  • Optimiere deine Anlegetechnik
  • Schau, dass das Kind die Brustwarze richtig greifen kann, besonders wenn deine Brüste sehr prall sind
  • Erlaube der Brustwarze Zeit zum heilen. Ist sie einmal wund, kann die Anlegetechnik zu Beginn noch so perfekt sein. Trotzdem kann es sein, dass sie sich anfänglich weiterhin gereizt anfühlt. Mit der Zeit bessert sich dies.
  • Sollte alles optimiert sein und die Brustwarze weiterhin gereizt oder wund sein, dann lass deine Hebamme oder Kinderarzt in den Mund des Kindes schauen um die Gaumen- und die Zungengegebenheiten deines Kindes zu beurteilen. 

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