Brustentzündung – Mastitis

Jan. 27, 2025

Mit der Brust im Krieg

„Willkommen im Lazaret!“ – Diese Begrüßung eines Mannes beim Hausbesuch hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. 

Der Schlafraum in der Berliner Altbauwohnng war mit Matratzen belegt. Eine Matratze für jeden zum Schlafen. Die Bettdecken lagen zusammengeknüllt darauf. Die anderen Zimmer wurden nur noch wenig benutzt. Auf einer der Matratzen saß die frisch gebackene Mutter mit einer Maske. Der Rücken an der Wand angelehnt, das wenige Wochen alte Kind daneben. Neben der Matratze lagen angebrochene Verpackungen von Ibuprofen und Antibiotikum sowie sämtliche Stillhilfsmittel zur Pflege der Brustwarze, Stilleinlagen, zusammengeknüllte Taschentücher, Pumpe, alte Quarkpackungen, Kühlkompressen und und und (In der Apotheke unten an der Ecke – war man schon per du). Das ältere Geschwisterkind spähte immer wieder zu seiner Mutter – schien die Situation skeptisch zu beäugen. Die Sorgen die dieses Kind beim Anblick seiner kranken Mutter hatte, waren im Bick des Kindes ablesbar. 

Aber warum trug sie eine Maske? Als ich sie fragte warum sie eine Einmalmaske trug entblößte sie mir ihren über den Unterkiefer ausgebreiteten Herpes

Gott sei Dank hatte ich am vorigen Tag mit meiner Mutter – selbst Hebamme- telefoniert und ihr die Situation für Rat geschildert. In einem Nebensatz erwähnte meine Mutter, dass manche Frauen auf Grund des heruntergefahrenen Immunsystems einen Lippenherpes entwickeln. – Ich war also Gott sei Dank nicht ganz so unvorbereitet

Was war passiert?

Alles fing mit einem kleinen Riss in der Brustwarze an. Schon beim ersten Termin wies die Brust leicht gerötete Stellen auf. Die Brust war insgesamt teigig und insgesamt geschwollen, leicht schmerzhaft, es gab keine eindeutigen Verhärtungen

Mastitis – was ist das und wo kommt es her?

Mastitis ist ein entzündlicher Prozess in der Brust. Es ist also eine Brustentzündung. Meist tritt Mastitis im Rahmen des Stillens auf. In selten Fällen können auch Menschen, die überhaupt nichts mit Kinderkriegen am Hut haben betroffen sein.
 
Sie kann auftreten in Folge eines Milchstaues, der nicht behoben wird. Die Milch verbleibt in der Brust, der Körper kann diese nicht verarbeiten und sie entzündet sich
 
Sie kann aber auch auf Grund von Bakterien auftreten, die zum Beispiel auf Grund von Rissen in der Brustwarze eintreten können und dort eine Entzündung hervorrufen.
Die Symptome wären dann:

Geschwollene Brust / oder verhärtete Stelle
Rötung der Burst oder der verhärteten Stelle
Schmerzen in der Brust
Die Brust wird warm
Fieber
Eingeschränkter Milchfluss / Milchproduktion

Ich packte also die verschiedensten Methoden und Maßnahmen aus die es bei der Behandlung von wunden Brustwarzen und geröteten Brüsten so gab. Vom Lanolin über Brustwarzendonuts über Calendulaspühlungen bis hin zu Laktobazillen für die Brust, die Optimierung des Stillens, Wärme – Kälte war alles dabei. Nichts schien zu helfen. Die Rötung ging nicht weg, die Brustwarze schien nur langsam zu verheilen. 

Was kann man dagegen tun und wann sollte ich zum Arzt?

Solltest du im Laufe deiner Stillzeit solche oder ähnliche Symptome in deiner Brust entwickeln, ist es ratsam deine Hebamme zu kontaktieren. Diese wird dich dann fachgerecht durch den Prozess leiten, die Mastitis behandeln und dir mitteilen, wann der richtige Zeitpunkt für einen Besuch beim Gynäkologen / der Gynäkologin ist.
 
Solltest du keine Hebamme haben – hier ein paar Tipps:
 
1. Die Brust sollte immer entleert werden.

2. Vor dem Stillen Wärme auf die Brust bzw. die rote Stelle (das öffnet die Milchgänge und lässt die Milch besser fließen) zum Beispiel durch einen nassen warmen Waschlappen


3. Danach die Brust entleeren, z.B. durch Stillen


3. Nach dem Stillen kannst du eine Quarkauflage machen und zusätzlich die Brust kühlen. Also auf die Quarkauflage kommt noch ein Kühlpack (der Quark wird sonst recht schnell warm).


4. Kühlen solltest du maximal 20min. (Alternativen zu Quark wären Kohlblätter / Retterspitz äußerlich) Die besten Erfahrungen habe ich aber mit Quark gemacht

5. Bei wunden Brustwarzen solltest du deine Brustwarzenpflege anwenden.


6. Unterstützend kannst du Ibuprofen einnehmen (sofern gesundheitstechnisch von deiner Seite nichts dagegen spricht)
Solltest du nach 2 Tagen keine Besserung erzielen, solltest du spätestens dann ärztlichen Rat einholen

Ich weiß nicht mehr wann in diesem Zeitraum, aber irgendwann entwickelt die Frau erhöhte Temperatur. Kein richtiges Fieber – nur erhöhte Temperatur. Trotzdem war das für mich Grund genug um nach einiger Zeit der mehr oder weniger erfolglosen Behandlung, die Frau zum Arzt zu schicken. 

Gesagt getan, es war das langes Wochenende 3. Oktober – also ab in die Klinik. Bei der Untersuchung hatte die Frau weiterhin nur erhöhte Temperatur, trotzdem verschieb die Frauenärztin – zwar etwas gehemmt – Antibiotika und Ibuprofen. Erwähnte aber im Nebensatz dies nur dann anzuwenden, wenn sie wirklich Fieber hätte.

Nach Rücksprach mit mir entschieden wir mit der Antibiotikaeinnahme direkt zu beginnen – wir hatten ja schon einen Marathon an Maßnahmen hinter uns und die gesundheitlichen Kapazitäten der Frau waren schon sehr gefordert.

Kann ich trotzdem weiter stillen?

Du kannst auf jeden Fall weiter stillen! Wichtig ist, dass die Brust entleert wird. Solltest du also aus irgendeinem Grund nicht stillen (können) dann wäre es ratsam die Muttermilch abzupumpen

5 Tage später schien das Antibiotika immer noch nicht zu wirken. Ein paar Tabletten waren noch übrig und wir hingen tapfer in der Situation. Es wurde gestillt, breiige Milch gepumpt und verworfen, zugefüttert, mit Quark und Kühlkompressen gekühlt, die Brustwarze gereinigt nach dem Stillen und Ibuprofen gegessen bis zum Umfallen. 

Am 6. Oder 7. Tag nach Beginn der Antibiotikaeinnahme wurde es dann langsam besser. Die Frau fühlte sich fitter, die Brustwarze verheilte, die Milch wurde wieder flüssiger, das Kind konnte wieder ausschließlich gestillt werden und die erhöhte Temperatur normalisierte sich. Die Apothekenbesuche unten an der Ecke wurden weniger. 

6 Wochen dauerte es bis die Rötung gänzlich verschwunden war und die Brust komplett verheilt war. 6 Monate wurde das Kind weiter voll gestillt. 

Aber das Gefühl der Machtlosigkeit und die Angst vor einer erneuten Brustentzündung blieb über die gesamte Stillzeit und flammt bei der nächsten Schwangerschaft sofort wieder auf.

Was kann ich tun, damit es gar nicht soweit kommt?

Das A und O ist ein gutes Stillmanagement. Das heißt: solltest du unsicher sein beim Stillen, hole dir immer Unterstützung. Im Krankenhaus durch das Pfegepersonal, durch deine Hebamme, oder eine Stillberaterin.
 
Oberstes Ziel ist es deine Brustwarze zu schützen, so dass die nicht wund und rissig wird. Dein Kind muss gut an der Brust angelegt sein, damit es deine Brustwarze in den richtigen Mundraum saugen kann, an den weichen Gaumen. Dort reibt die Brustwarze nicht. Wie du das machen kannst erfährst du hier: Link zum Beitrag über Stillpositionen
 
Sollte deine Brustwarze doch in Mitleidenschaft gezogen werden, dann ist es wichtig die Ursache zu ergründen, dies zu beseitigen und gleichzeitig eine adäquate Brustwarzenpfelge durchzuführen
 
Beim Stillen sollte deine eigen Handhaltung nicht zu Druckstellen führen. Siehe meinen Beitrag zum richtigen Anlegen
 
Weiter ist es wichtig einen gut sitzenden Still-BH zu tragen und somit Druckstellen zu vermeiden. Durch Druckstellen kann es zum Milchstau kommen. Wenn die Milch des Staus nicht geleert wird, kann sie sich entzünden.

Beim 3. Kind etwa 2 Jahre später waren wir ganz anders vorbereitet. Es gab keine Kompromisse mehr und das absolute Hauptziel der wochenbettbetreuung bestand darin – wunde Brustwarzen und Brustentzündung absolut zu vermeiden. Schon in der 

Schwangerschaft haben wir jegliche Vorbereitungen getroffen, damit genau so ein Szenario nicht noch einmal passiert. 

Und es hat geklappt. Dieses Wochenbett war anders. Diese Wochenbett war schön. Dieses Wochenbett war nötig um mit dem vorherigen Wochenbett Frieden zu schließen.

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