Eine Schritt – für – Schritt Anleitung
Die Sonne scheint. Es ist warm. Die Luft ist erfüllt vom Geruch des Grases und der Blüten, die Vögel zwitschern und du hörst weit entfernte Stimmen. Es ist Sommer und du gehst spazieren. Genießt deine Auszeit im Park, spürst die Wärme auf deiner Haut.
Seit du Schwanger bist ist deine Wahrnehmung verändert. Du hast das Gefühl jede zweite Frau um dich herum ist entweder schwanger oder hat gerade ein Kind bekommen. Oft siehst du Frauen die auf der Parkbank sitzen, sich unterhalten und ihr Kind dabei stillen. Alles scheint so unkompliziert. So einfach und so natürlich.
Nun haben wir folgende Situation:
Ich komme zum Wochenbettbesuch in den ersten Tagen nach der Geburt. Wir unterhalten uns, ich untersuche die Frau und untersuche das Kind. Soweit ist alles in Ordnung. Nach der Untersuchung des Kindes, ist das Kind unruhig, weint, hat vielleicht Hunger. Also wollen wir anlegen. Das ist gut, denn dann sehe ich wie das Stillen funktioniert.
Die Frau nimmt das Kind in den Wiegegriff und versucht das Kind anzulegen. Dieses weint mittlerweile recht stark. Die Haltung der Frau ist angespannt. Sie versucht die Bustwarze in den Mund zu bekommen, das Kind scheint sie kurz zu fassen, lässt dann wieder los, treckt den Kopf nach hinten und weint noch mehr. Das wird immer wieder wiederholt. Irgendwann klappt es dann. Beide, Frau und Kind sind erschöpft, die Frau in einer vollkommen angespannten Körperhaltung, aber das Kind trinkt – endlich.
Mögliche Folgen bei Anlegeschwierigkeiten
Neben solcher Anlegeschwierigkeiten kann falsches oder ungünsitiges Anlegen weitere Probleme verursachen. Diese können unter anderem sein:
- schmerzhafte Brustwarzen
- wunde Brustwarzen
- Schmerzen beim Stillen
- Angst vor dem Stillen
- Brustentzündung
- Schlecht zunehmendes Kind
- Sorge vor Milchmangel, Zufüttern, Abstillen
Wie kann das Anlegen optimiert werden, erkläre ich dir im folgenden Artikel Schritt für Schritt:
Die Voraussetzungen
Um aus der Brust trinken zu können, muss die Brustwarze auf der Zunge positioniert sein, damit dein Kind ein Vakuum aufbauen kann und saugen kann.
Die Brustwarze sollte während des Stillens vom Kind langezogen werden, damit sie den weichen Gaumen im kindlichen Mund erreicht. Der weiche Gaumen ist kurz vor dem Zäpfchen. Davor ist Knochen und der Gaumen ist hart. Am weichen Gaumen reibt sie nicht. In dieser Position angekommen, wird dein Kind auch optimal saugen und damit die notwendige Milchmenge trinken, sowie die Milchproduktion anregen oder erhalten können.
Der richtige Zeitpunkt zum Stillen
Lege dein Kind an, sobald es Hunger hat und Hungerzeichen zeigt. Welche Hungerzeichen es gibt liest du im folgenden Artikel[S1] :
Besonderheiten beim Stillen in den ersten Lebenstagen
Legst du dein Kind erst an, wenn es schreit, nimmt es die Zunge nach oben. Wenn die Zunge oben ist, kannst du die Brustwarze nicht auf der Zunge positionieren. Du stösst mit der Brustwarze am Zungengrund an – die Brustwarze befindet sich unter der Zunge. Das Kind kann kein Vakuum aufbauen und nicht saugen. Dein Kind wird sich nicht anlegen lassen oder frustriert werden, da es die Zunge mit der Brustwarze im Mund nicht unter die Brustwarze bringen kann.

Der richtige Ort zum Stillen
Suche dir einen Ort an dem du Ruhe hast, dich niemand unerwünscht stört und an dem du dich bequem hinsetzen oder hinlegen kannst. Hab ein paar Kissen bereitliegen und ein Glas Wasser ggf. einen kleinen Snack bereitstehen.
Die Stillposition
Es gibt viele Positionen in denen gestillt werden kann:
- Der Wiegegriff
- Der Unterarmgriff
- In Rückenlage bzw. zurückgelehnt
- In Seitlage
- Im Vierfüßlerstand
Über die einzelnen Positionen, warum und wann sie gut sind erkläre ich dir in einem der nächsten Artikel.
Am Anfang wird es einfacher sein in sitzender Position anzulegen. Im Wiegegriff oder Unterarmgriff. Das Stillen in Seitenlage oder auf dem Rückenliegend, ist schon komplizierter und meist etwas für später. Letztere Positionen sind aber besonders schön für die Nacht.
Polstere dich, besonders wenn du im Unterarmgriff anlegen, möchtest etwas aus. Für das Anlegen im Wiegegriff benötigst du erst einmal nichts.
Der Handgriff
Hier ist es wichtig das der Kopf beim Trinken nach hinten genommen werden kann. Auch wir trinken, indem wir den Kopf neutral halten oder nach hinten / in den Nacken legen. Wenn wir den Kopf nach vorne bringen, also das Kinn Richtung Brustbein bewegen, können wir nicht gut trinken. Auch das Kind nicht.
Der Kopf des Kindes benötigt daher freie Beweglichkeit. Durch Drücken des Kopfes am Hinterhaupt Richtung Brust, bringst du den Kopf in eine Beugehaltung – drückst also das Kinn Richtung Brustbein, drückst die Nase in die Brust und erschwerst somit das Trinken. Das kannst du mit deinem Handgriff optimieren.
Im Folgenden Beispiel siehst du wie du dein Kind im Wiegegriff an der rechten Brust angelegen kannst:
Richtig
Die linke Hand liegt zwischen den Schulterblättern
Der Kopf des Kindes wird nicht berührt und hat somit freie Beweglichkeit
Das Kind wird mit beim Anlegen Druck zwischen den Schulterblätter in Richtung Brust geschobenDie Nase ist frei beim Stillen

Die rechte Hand ist im C-Griff zur Unterstützung an deiner Brust.

Falsch
Die linke Hand ist zwar im Nackenbereicht, aber der Zeigefinger liegt gestreckt am Hinterkopf. Somit hinderst du die Bewegung des Kopfes.
Oder Du hast den Kopf des Kindes in der linken Hand und schiebst den Kopf Richtung Brust.Oder, du hast den kopf gar nicht in der Hand, sondern der Kopf liegt in deiner rechten Ellebeuge. Dadurch ist der Kopf gebeugt, die Brustwarze ist für das Kind schwer zu greifen und die Nase ist nicht frei. Das ist allerdings der häufigste Griff, den man sieht. Bei manchen Kindern funktioniert dies auch von Anfang an, oder die Kinder sind schon größer, haben kräftigere Unterkiefer und kräftigere Saugbewegungen sowie mehr Kopfkontrolle. Benötigen also weniger Unterstützung.

Die rechte Hand ist im Zigarettengriff an deiner Brust und versucht die Brust zum Kind zu bewegen. Wenn die Hand im Zigarettengriff ist, hast einerseits weniger Kontrolle über die Brustwarze und das Risiko etwas abzudrücken und ggf. einen Milchstau hervorzurufen ist höher.



Die Haltung des Kindes
Damit das Kind die Brustwarze an den richtigen Ort im Mund saugen kann, müssen die Voraussetzungen geschaffen sein. Ein zur Seite schauendes Kind wird es schwerer haben, die Brustwarze an diesen Ort – den weichen Gaumen – zu saugen. Das könnte gereizte, schmerzende oder gar wunde Brustwarzen zur Folge haben.
Richtig
Ohr, Schulter, Becken in einer Linie – das Kind schaut „geradeaus“

Falsch
Kopf zu einer Seite gedreht – Ohr nicht in einer Linie mit Schulter und Becken

Das Anlegen
Bringe dein Kind zur Brust und nicht deine Brust zum Kind. Wenn du deine Brust zum Kind bringst – sie zum Beispiel anhebst und somit aus ihrer natürlichen Position herausholst, dann fällt die Brust sobald du sie loslässt, wieder in ihre Neutralposition zurück. Das kann dein Kind noch nicht halten, die Brustwarze rutscht leicht aus dem Mund und reibt am harten Gaumen. Das Reiben am harten Gaumen reizt die Brustwarze und könnte sie wund machen. Oder die Brustwarze rutscht immer wieder aus dem Mund des Kindes und du musst immer wieder neu anlegen.
Hier siehst du wie das Kind mit entsprechender Brustwarzenposition angelegt wird:




Die Brustwarze muss auf der Zunge positioniert sein. Nur dann kann dein Kind richtig daran saugen. Liegt die Brustwarze nicht gut auf der Zunge, sondern gar unter der Zunge, dann wird dein Kind immer wieder den Kopf nach hinten legen und sich abdocken. Dein Kind schafft es noch nicht mit der Brustwarze im Mund, die Zunge unter die Brustwarze zu schieben, sodass sie auf der Zunge liegt. Dafür muss dein Kind sich immer wieder abdocken.
Von daher als nächstes:
Richtig
Bringe dein Kind ganz nah an die Brustwarze heran. Das Kind muss deine Brustwarze richtig berühren. Die Brustwarze sollte dabei an der Oberlippe oder an der Nase deines Kindes liegen
Wenn dein Kind dann seinen Mund weit öffnet – wie zum gähnen und dadurch automatisch seinen Kopf nach hinten neigt, fällt die Brustwarze ganz automatisch auf die Zunge. Wenn dein Kind den Kopf nach hinten bringt und der Mund weit geöffnet ist, schiebst du dein Kind von den Schulterblättern an die Brust weiter heran, sodass es „zuschnappen“ kann.

Falsch
Dein Kind ist weit von der Brustwarze entfernt und die Brustwarze zeigt Richtung MundSo kann nicht garantiert werden, dass die Zunge unter der Brustwarze liegt

Das Resultat
Ist dein Kind richtig angelegt, siehst du folgendes:
- Die Nase ist frei
- Dein Kind dockt nicht immer wieder ab, sondern saugt gut
- Der Brustwarzenbereich der an der Nasenseite des Kindes ist, ist gut sichtbar
- Der Brustwarzenbereich der kinnwärts liegt ist ggf. nicht sichtbar. Das ist natürlich auch abhängig von der Größe deiner Brustwarze und der Größe des Mundes deines Kindes. Dein Kind hat diesen Bereich gut im Mund und saugt somit nicht nur an der Brustwarze, sondern trinkt aus der Brust
- Die Unterlippe ist umgestülpt. Diese wirst du wahrscheinlich nicht sehen, da das Kinn sie verdeckt.
Fazit
Stillen sollte das natürlichste und einfachste auf der Welt sein.
Das kann es auch sein. Manchmal benötigt es nur ein wenig Geduld, Übung und Zuversicht. Vergiß nicht, dass du vorher vielleicht noch nie gestillt hast und auch dein Kind nicht. Es ist also das erste was dein Kind lernen muss und eure erste gemeinsame Zusammenarbeit. Bis ihr eingespieltes Team seid, darf etwas Zeit vergehen. Hab Geduld.
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